Zeitgemäßes Lernen – unter diesem Motto wird in einer aktuellen, sehr spannenden Blogparade untersucht, wie Lernen der Zeit entsprechen kann. Unter „Zeit“ versteht man auf den ersten Blick das Zeitalter, und entsprechend thematisieren die meisten Beiträge zur Blogparade das Lernen im 21. Jahrhundert – doch was ist mit unserer persönlichen Zeit? Die Planung und Durchführung, aber auch die Teilnahme an Schulungen und Führungen ist schließlich immer in einzelnen Momenten unseres Lebens verortet. Wir stellen hier deshalb einige Impulse für ein bewusstes Zeitmanagement in Ihrer Lehrtätigkeit.
Ein achtsamer Blick auf die Zeiteffizienz von Lehr-Lernmethoden
Lehr-Lernmethoden sind von zeitlichen Rahmenbedingungen abhängig, woraus sich diverse Spannungsfelder und Herausforderungen ergeben.
- Die Länge der Aufmerksamkeitsspanne wird immer wieder diskutiert. Dass Vorträge von 60 oder gar 90 Minuten zu lang sind, als dass die meisten ZuhörerInnen ihnen motiviert und aufmerksam folgen können, ist lange nicht mehr kontrovers. Unser Tipp: Planen Sie nur kurze Vorträge ein!
- Die Heterogenität von Lernenden ist vor allem deshalb eine Herausforderung, weil die unterschiedlichen Lernenden unterschiedlich viel Zeit bräuchten, sei es beim Lesen, Üben oder in der Gruppenarbeit. Unser Tipp: Planen Sie zusätzliche Aufgaben für diejenigen Teilnehmenden, die mit Aktivitäten schneller fertig werden.
- Die meisten Lehrenden, darunter auch BibliothekarInnen, beklagen sich über ein zu hohes Lehrpensum, sie haben zu wenig Zeit für die Vorbereitung. Wenn Sie sich ein grundlegendes didaktisches Handwerk erarbeiten, wird Ihnen die Planung und Durchführung aber viel schneller und einfacher gelingen.
Diese Herausforderungen werden meiner Wahrnehmung nach immer intensiver diskutiert. Insofern ist es auch zeitgemäß – und diesmal meine ich damit modern, fortschrittlich – wenn Teaching Librarians sich bei der Wahl ihrer Methoden auch bewusst Gedanken über die zeitliche Verortung machen. Folgende Reflexionsfragen können Lehrenden und Lernenden helfen, das Potential der Zeit optimal auszuschöpfen:
- Wann habe ich Zeit zum Lernen/Lehren?
- Wie kann ich meine Schulungen und Führungen schnell und effizient, aber didaktisch fundiert planen?
- Welche Methoden sind in der Vorbereitung, Durchführung und Evaluation zeiteffizient?
- Wie kann ich Methoden so einsetzen, dass sie den Lernprozess optimal unterstützen und Aufmerksamkeit wecken?
- Was mache ich, falls ich in der Schulung/Führung Zeit übrig habe? Was kann die Zeit füllen?
- Was mache ich, wenn die Zeit nicht reicht? Wie kann ich Zeit sparen? Was kann ich kürzen?
- Wie kann ich Lernumgebungen so gestalten, dass sie Ablenkungen minimieren und ein effizientes Arbeiten ermöglichen?
Ein achtsamer Blick auf den eigenen Biorhythmus
Das Lernen ist umrahmt von unserer Menschlichkeit. Auch zunächst unsichtbare Lernprozesse geschehen in einem physischen Körper, der sich durch Zeit und Raum bewegt. Die Gestaltung unserer Tage muss das berücksichtigen.
- Schlaf ist essenziell für unsere Leistungsfähigkeit. Die Forschung deckt immer neue Prozesse auf, die beim Schlaf für das Wohlbefinden des Gehirns sorgen. Die meisten jungen Menschen schlafen zu wenig, auch bedingt durch die frühen Unterrichtszeiten an Schulen und Hochschulen, die nicht zu ihrer späteren biologischen Uhr passen. Planen Sie, wenn möglich, keine frühen Schulungen und Führungen ein. Falls Sie die Möglichkeit haben.: Thematisieren Sie die Wichtigkeit von Schlaf mit SchülerInnen und Studierenden.
- Regelmäßige Bewegung fördert ebenso die Denkleistung – auch bei jungen Menschen. Selbst kurze Bewegungseinheiten können die Leistungsfähigkeit steigern. Warum nicht ein kurzes Spiel oder eine Übung im Stehen einplanen? Das motiviert nicht nur Kinder.
- Auch regelmäßige Mahlzeiten und Trinkpausen sind wichtig, um das Gehirn in seiner Arbeit zu unterstützen.
Sie sollten nicht nur für die eigene körperliche Balance im Alltag sorgen, sondern können auch die Teilnehmenden darin unterstützen, indem sie kleine Bewegungseinheiten einbauen, die Teilnehmenden bei längeren Veranstaltungen daran erinnern, etwas zu trinken, und darauf hinweisen, dass Schlaf, Bewegung und gesunde Ernährung wichtig sind.
Ein achtsamer Blick auf die sinnvolle Nutzung der eigenen Zeit
Nutzen wir unsere Zeit sinnvoll, oder verschwenden wir sie? Darüber, was wir unter Sinn verstehen, könnte man ebenso ganze Blogparaden ausrufen. Ich möchte hier einfach auf ein paar beachtenswerte Aspekte hinweisen:
- Das Pareto-Prinzip besagt, dass 80 % des Outputs häufig von nur 20 % des Inputs abhängt. Das heißt, dass 80 % der Gesundheit von 20 % der Lebensmittel abhängt oder dass 20 % der Kunden eine Unternehmens 80 % des Gewinns erzeugen werden. Auf die Zeit und das Lernen bezogen heißt das: 20 % der Zeit beim Lernen, in Schulungen/Führungen oder bei der Lehrvorbereitung wird 80 % des Lernerfolges erzeugen. Das Pareto-Prinzip ist natürlich kein genaues Naturgesetz – aber es dient als Impuls, um die Sinnhaftigkeit von Aktivitäten kritisch zu reflektieren. Setzen Sie Schwellenkonzepte ein, um die Wirkung Ihrer Lehre zu maximieren.
- Mut zur didaktischen Reduktion: „Ich weiß, was ich nicht weiß“, sagte einst Sokrates. Selbst der kürzeste Blick ins Internet macht deutlich, dass der Wissens- und Erfahrungsschatz der Menschheit viel größer ist, als dass ihn eine Person jemals ausschöpfen könnte…. selbst in einzelnen Fachbereichen. Die Frage, die sich stellen sollte, lautet also: Was lasse ich weg? Was muss ich nicht wissen? Was möchte ich in meiner Lebenszeit erreichen und worauf muss ich dafür verzichten? Als Teaching Librarian sehen Sie Ihre Teilnehmenden nur sehr begrenzt.
Das Streben, in einer Lebenszeit so viel wie möglich zu erleben, führt zum Verlust einer resonanzvollen Beziehung zu uns selbst, zu anderen Menschen und zur Welt. Deshalb ist es für uns unabdingbar, über das Sterben und den Tod als Teil des Lebens nachzudenken und eine lebensbejahende Haltung zu unserer Endlichkeit zu entwickeln.
Ein Blick auf die eigene Uhr lohnt sich also für BibliothekarInnen und Teilnehmende – denn nur, wer bewusst mit der eigenen Zeit umgeht, kann in Balance leben und für die eigenen Bedürfnisse sorgen, effiziente Methoden wählen und wichtige persönliche Ziele und Werte verfolgen. Als Lehrende sollten wir unsere Zeit und die der Teilnehmenden als wertvolle Ressource respektieren und achtsam verwalten. Nur so gelingt eine resonanzvolle Beziehung zu uns, unseren Mitmenschen und der Welt.
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