Erfolgreich lehren als BibliothekarIn

In dieser Reihe möchten wir Ihnen zeigen, dass Sie als Teaching Librarian die Informationskompetenz Ihrer Zielgruppe mithilfe schlichter, effektiver Methoden fördern können. Diese wissenschaftlich fundierten Tipps sind einfach und zeiteffizient, schaffen aber eine Basis für die Kompetenzentwicklung – auch in One-Shot-Lehrszenarien (dies sind die typischen einmaligen Veranstaltungen mit einer Dauer von 45 bis meist nicht viel mehr als 90 min).

 

Wie kann die Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern oder Dozierenden gelingen?

Häufig werden Schulungen oder Führungen für eine bestimmte Gruppe von Lernenden angeboten (eine Schulklasse, Studierende, Kindergartenkinder…), die unter der Obhut einer betreuenden Person (eines Lehrers, einer Dozierenden, eines Erziehers…) in die Bibliothek kommt und etwas Bestimmtes lernen soll. All die betreuenden Personen, die wir in diesem Beitrag „Lehrende“ nennen, bringen Erwartungen und Interessen mit, die Ihre Veranstaltung beeinflussen… und vielleicht verkomplizieren.

Marie und Hannah tauschen sich erneut über ihren Arbeitsalltag aus. Marie erzählt von einer Schulung für Studierende, deren Planung ihr gerade Kopfschmerzen bereitet. Die Dozentin scheint an der Sache ziemlich uninteressiert und möchte am liebsten gar nicht präsent sein.

Hannah ist ähnlich frustriert, aber aus anderen Gründen: Sie plant eine Führung für eine Schulklasse. Deren Lehrerin hat jedoch ganz eigene Vorstellungen vom Ablauf. Ihre Ideen findet Hannah unrealistisch, sie macht sich Sorgen, dass die Kinder überfordert werden.

Hat Ihnen die Zusammenarbeit mit Lehrenden auch schon mal Kopfzerbrechen bereitet? In diesem Beitrag finden Sie Impulse dafür, wie Sie die gemeinsame Zusammenarbeit proaktiv und konstruktiv anpacken können, sodass eine positive und vielleicht sogar langfristige Arbeitsbeziehung entsteht.

1. Machen Sie sich sichtbar

Der bibliothekarische Beruf wird oft unterschätzt oder missverstanden. Kooperationspartner (oder KollegInnen, falls Ihre Bibliothek in ein Institut integriert ist) wissen oft nicht, wer Sie sind und was Sie zu bieten haben. Sie sollten deshalb selbstbewusst auf andere zugehen. Wer mehr von Ihnen weiß, kommt häufiger auf Sie zu – und zwar mit realistischen Erwartungen!

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten: Telefonate, Emails, soziale Netzwerke, Blogs… Die Wirkung von Gesprächen zwischendurch wird oft unterschätzt. Heutzutage wäre es das Minimum, dass Sie sich bzw. Ihr Team mit Ihren Erfahrungen, Fähigkeiten und Angeboten auf Ihrer Website vorstellen (wohlgemerkt: Das umfasst mehr als nur die übliche Positionsbezeichnung mit Kontaktdaten!). Bleiben Sie dabei stets „kundenzentriert“. Gehen Sie vom Bedarf der anderen aus, sprechen Sie deren Sprache und machen Sie deutlich, dass Sie helfen können, ein bestimmtes Problem zu lösen.

2. Gestalten Sie selbstbewusst die Beziehung

Sie können die Gestaltung der Arbeitsbeziehung in die Hand nehmen! Ihre Haltungen haben eine Wirkung nach außen. Treten Sie daher selbstbewusst und kompetent auf, damit die Lehrenden ebenso mit einer positiven Einstellung an die Zusammenarbeit herantreten.

Im Normalfall sind Lehrende am Gelingen der Veranstaltung sowie am Lernerfolg der Teilnehmenden interessiert. Das haben sie mit Ihnen gemeinsam. Zeigen Sie dem oder der Lehrenden, dass Sie Interesse am Lernerfolg der Teilnehmenden sowie einem effizienten und realistischen Planungsprozess haben. Das erhöht die Chance, dass der/die Lehrende ebenso darauf fokussiert.

Vergessen Sie nicht, dass Lehrende mehr oder weniger Lehrerfahrung und didaktische Ausbildung haben können – auch Hochschuldozierende haben oft keine oder wenige didaktische Kenntnisse. Betrachten Sie sich und die Lehrenden deshalb als gleichgestellte Partner. Sie bringen bibliothekarische Expertise und bibliotheksdidaktische Kompetenz mit, der/die Lehrende bringt eigene Fähigkeiten mit; zusammen sorgen Sie für eine gelungene Veranstaltung.

Falls es etwas zu besprechen oder verhandeln gibt, dann nehmen Sie keine positionsbasierte Haltung ein, in der Sie probieren, Ihre Position zu verteidigen. Nehmen Sie stattdessen eine interessensbasierte Haltung ein. Das bedeutet, dass Sie die Interessen aller berücksichtigen. Das erleichtert die Kommunikation und verbessert die Arbeitsatmosphäre (Babcock & Laschever, 2008).

3. Holen Sie die Informationen, die Sie benötigen

Da Sie nun mit Ihrem sichtbaren, selbstbewussten und lernendenzentrierten Auftreten eine gute Basis geschaffen haben, kann die eigentliche Arbeit beginnen. Sie müssen Informationen einholen – genau wie bei einem Beratungsgespräch. Häufig werden im Voraus nur organisatorische Punkte abgehakt: Wie groß ist die Gruppe, um welche Gruppe handelt es sich… Das ist nicht ausreichend für eine gute didaktische Planung.

Fragen Sie, wenn möglich, auch Folgendes ab:

  • Wozu sollen die Lernenden konkret befähigt werden (z. B. Schreiben einer Facharbeit) – was ist das Lernziel? Lassen Sie sich, wenn möglich, den entsprechenden Lehrplan, Syllabus o. Ä. geben. Was soll Ihre Veranstaltung dazu beitragen?
  • In welcher Phase befinden sich die Lernenden, wenn sie zur Veranstaltung kommen? Welches Vorwissen, welche Erfahrungen bringen sie mit?
  • Ist der/die Lehrende bereit, den Lernenden im Voraus eine Vorbereitungsaufgabe aufzugeben?
  • Wird eine Begleitung im Nachgang der Veranstaltung möglich bzw. notwendig sein?

4. Steuern Sie die Planung der Veranstaltung

Nachdem Sie Informationen eingeholt haben, geht es an die Planung der Lehrveranstaltung. Dabei können sich Lehrende in unterschiedlichem Maße beteiligen. Sagen wir der Einfachheit halber, dass es folgende drei Grade der Involviertheit gibt:

1. „Lassen Sie uns zusammenarbeiten“: Im Optimalfall erkennt die Lehrperson Ihre Kompetenz an, gibt Ihnen alle nötigen Informationen und ist offen für Ihre Ideen. In solchen Fällen können Sie die Lehrperson einbinden, indem Sie ihr z. B. für Inhalte oder Lehrmethoden zwei-drei Vorschläge geben, aus welchen sie dann ihren Favoriten wählen darf.

2. „Machen Sie alles für mich“: Diese/r Lehrende möchte Ihnen die Planung komplett überlassen. Wenn Ihnen dies entgegenkommt, super. Wenn Sie jedoch mehr Informationen brauchen oder bestimmte Aufgaben Ihren Verantwortungsbereich überschreiten, dann ist es wichtig, dass Sie dies dem/der Lehrenden mitteilen.

3. „Ich mache alles selbst“: Diese/r Lehrende nimmt Ihnen Arbeit ab, überschreitet aber womöglich auch Ihre Grenzen. Auch hier ist wichtig, dass Sie „nein“ sagen können (s. Kasten: „Sagen Sie ein positives Nein“).

Generell empfiehlt es sich, Richtlinien für die Zusammenarbeit zu entwickeln. Schwierige Zusammenarbeit kann aufgelockert – und vermieden – werden, wenn Ihre Bibliothek bekannte Richtlinien hat. Eine typische Richtlinie könnte sein, dass ein Termin erst dann festgelegt werden kann, wenn bereits ein Vorgespräch stattgefunden hat. Im besten Fall sind die Richtlinien schriftlich und können abgerufen werden (hier ein tolles Beispiel der York University Library in Kanada), bzw. werden allen Kooperationspartnern zu Beginn der Zusammenarbeit überreicht. Die Richtlinien schützen Ihre Bedürfnisse und können außerdem den „Sündenbock“ spielen. Das kann ein schwieriges Gespräch viel einfacher machen.

Sie können viel tun, um eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit zu sichern!

Sie haben in diesem Text erfahren, dass Sie die Zusammenarbeit mit Lehrenden selbstbewusst und aktiv angehen können. Zeigen Sie Interesse am Erfolg der Veranstaltung, holen Sie sich alle Informationen, die Sie benötigen, und sagen Sie bei Bedarf ein positives „Nein“. Wenn Sie Ihr Vorgehen auf offiziellen Richtlinien für die Zusammenarbeit stützen können, wird es noch einfacher.

Zum Schluss wieder eine kleine Challenge für Sie: Welche Impulse für Ihren Alltag können Sie aus diesem Artikel mitnehmen? Teilen Sie sie gerne in den Kommentaren, z. B. in unserer Facebook-Gruppe für BibliothekarInnen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen!

Möchten Sie mehr über die Zusammenarbeit mit Lehrenden erfahren? Dann schauen Sie doch mal in unseren Online-Kurs „Einführungen in die Bibliothek für Oberstufen-Schüler/innen gestalten“. Dieser enthält auch zahlreiche Checklisten, die die Zusammenarbeit erleichtern.

Sagen Sie ein positives Nein – so geht’s

Meistens beginnt ein Nein mit der Phrase „Es tut mir leid, aber…“ Das macht unser Gegenüber sofort defensiv (Webb, 2016). Damit Ihr Nein eine positive weitere Kommunikation ermöglicht, probieren Sie eher Folgendes:

  • Beginnen Sie mit Wertschätzung der Bedürfnisse des Gegenübers
  • Sagen Sie „ja“: Was ist Ihnen momentan wichtig und warum?
  • Sagen Sie „nein“: Erklären Sie, dass dies bedeutet, dass Sie bzgl. dieser Sache ablehnen müssen.
  • Enden Sie wieder mit Wertschätzung: Gibt es eine Alternative? Wünschen Sie dem Gegenüber wenigstens Erfolg bei seinen Bemühungen!

Beispiel: Normales Nein

„Es tut mir leid, aber dieses Thema passt nicht mehr in die Veranstaltung. Ich müsste auf diese Art zu viel vortragen, und so viele Inhalte würden die Gruppe überfordern. Das müssen Sie anders mit der Gruppe thematisieren.“

Beispiel: Positives Nein

„Danke für Ihren Themenvorschlag. Das Thema finde ich auch sehr relevant, es passt gut zum Hauptthema. Mir ist wichtig, dass die Gruppe in der Veranstaltung so lernt, dass sie das Gelernte nachhaltig im Alltag umsetzen kann. Deshalb möchte ich viele Übungsphasen integrieren. Ich fürchte, dass das Thema deshalb keinen Platz mehr finden wird in dieser Veranstaltung. Ich kenne jedoch eine Website mit tollen Tutorials dazu – vielleicht könnten Sie die mit Ihrer Gruppe durchgehen? Alternativ könnten wir eine zweite Veranstaltung einplanen.“

In dieser Blogreihe gehen wir etwas ausführlicher auf Themen aus der Bibliotheksdidaktik ein. Wir zeigen die wissenschaftliche Grundlage – aber auch handfeste Methoden und Beispiele.

Lust auf mehr?

Hier finden Sie die gesamte Reihe “Erfolgreich lehren als BibliothekarIn”

Literaturverzeichnis

Babcock, L., & Laschever, S. (2008). Ask for it: How women can use negotiation to get what they really want. Bantam.

Buchanan, H. E., & McDonough, B. A. (2017). The one-shot library instruction survival guide. ALA Editions.

Webb, C. (2016). How To Have A Good Day: The essential toolkit for a productive day at work and beyond. Pan Macmillan.